Straßenausbaubeiträge sind ungerecht und existenzgefährdend
Rund 50 interessierte Bürgerinnen und Bürger folgten am Montagabend der E6inladung der UWG zu einer Infoveranstaltung zum Thema „Straßenausbaubeiträge“.
Der Fraktionsvorsitzende Ralf Kinnius begrüßte die Gäste mit einer kleinen Einführung über die aktuelle Situation in der Stadt Spenge, ausgehend von der Frage „Warum werden die sanierungsbedürftigen Straßen in Spenge nicht erneuert?“ Bereits 2015 wurde ein Straßenausbaukonzept vorgestellt und festgestellt, dass mindestens 43 Straßen im gesamten Stadtgebiet erheblichen Sanierungsbedarf haben. Aufgrund der schwierigen Haushaltssituation und der rechtlichen Unklarheiten ist bisher nichts passiert.
Als erster Referent stellte Eckard Gläsker, Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus Hiddenhausen, die gesetzliche Situation in NRW dar. Straßenausbauten werden entweder als Erstausbauten nach dem Baugesetzbuch oder als Sanierungsmaßnahmen nach dem Kommunalabgabengesetz jeweils über Anliegerbeiträge der Anwohner zum Großteil finanziert. Die Höhe dieser Beiträge regeln örtliche Satzungen. Je nach Größe des Grundstücks können hohe fünfstellige Summen fällig werden. Normale Unterhaltungen sollen durch die Kommunen getragen werden. Hier zeigt sich bereits die Ungerechtigkeit, da je nach Finanzkraft der Kommune dieser Anteil unterschiedlich ist. Immer wieder ist es zwischen Anliegern und Kommunen strittig, ob Beiträge erhoben werden können. Die Kosten für Sanierungsmaßnahmen sind wiederkehrende Kosten, die in regelmäßigen Abständen an die Bürger weitergegeben werden können.
Der UWG Vorsitzende Ralf Sieker stellte dar, dass es in Spenge eine Straßenausbausatzung von 1985 gibt, die nicht mehr in allen Bereichen den aktuellen gesetzlichen Anforderungen entspricht. Aufgrund der Diskussionen auf Landesebene über eine Gesetzesänderung hat die Spenger Kommunalpolitik derzeit die Beratung über eine Aktualisierung ausgesetzt.
Anschließend referierte Andreas Jotzo von der Bürgerinitiative „gerechte Straße“ aus Herford in sehr lebhafter und mitreißender Art über die Ungerechtigkeit der aktuellen Regelungen.
Selbst betroffen von einem Straßenausbau hat er gemeinsam mit anderen Aktivisten die Initiative aufgebaut.
Anhand von einigen Beispielen zeigte er sehr drastisch die heutigen Ungerechtigkeiten – bis hin zur Existenzgefahr: Eine 80-jährige Dame aus seiner Nachbarschaft sollte für den Ausbau der Straße fast den gleichen Betrag bezahlen, den ihr Haus wert ist. Aufgrund ihres Alters erhält sie keinen Bankkredit mehr, der einzige Vorschlag der Stadt war das Haus zu verkaufen.
Auf die Nachfrage eines Anliegers aus der Nordstraße, die seit einigen Jahren von sehr starkem LKW-Verkehr betroffen ist, erläuterte Jotzo, dass nach der gesetzlichen Regelung die Anlieger die Renovierung zahlen müssen.
Straßenausbaubeiträge gibt es innerhalb Europas nur in Deutschland, in den Bundesländern gelten zum Teil sehr unterschiedliche Bestimmungen, in vielen Ländern werden die Ausbauten bereits anders finanziert.
Hierzu bemerkte ein Zuhörer, dass dies eine Ungerechtigkeit zwischen den einzelnen Bundesländern sei, die mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren ist.
Die Gesetzgebung spricht zwar von einem wirtschaftlichen Vorteil für die Anlieger, Straßen bleiben aber selbstverständlich im Allgemeinvermögen der Stadt und nicht im Besitz des Anliegers.
In der Abschlussdiskussion fasste Ralf Kinnius die Position der UWG noch einmal zusammen:
„Auf unsere Initiative hin hat der Rat in der letzten Sitzung mehrheitlich eine Resolution an die Landesregierung beschlossen, die die Abschaffung der Anliegerbeiträge fordert und die Finanzierung von Renovierungsmaßnahmen aus zusätzlichen Finanzmitteln für die Kommunen. Der Erhalt unserer Infrastruktur ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht auf dem Rücken einzelner Anlieger ausgetragen werden darf. Straßen werden von der Gemeinschaft genutzt und es ist eine staatliche Aufgabe diese auch zu unterhalten. Bund und Land sind hier gefordert Lösungen zu schaffen!“
Während der Veranstaltung wurden Unterschriften gesammelt für die Volksinitiative des Bund der Steuerzahler, die den Landtag auffordert, die Anliegerbeiträge mit sofortiger Wirkung abzuschaffen. Andreas Jotzo teilte mit, dass bereits über 250.000 Unterschriften gesammelt sind, die Aktion aber weiter läuft, um den Druck auf die Landesregierung aufrechtzuhalten. Listen liegen bei den UWG-Mitgliedern aus und Interessenten können sich bei Ralf Kinnius unter Tel. 05225 859414 melden.