Haushaltsrede 2018
Herr Bürgermeister,
liebe Ratskolleginnen und -kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
meine Vorgängerin Anke Fuchs hat in ihrer Haushaltsrede 2015 als wir die Nachhaltigkeitssatzung und Steuererhöhungen beschlossen, einen lange genutzten 3-Schritt als Reaktion auf die desaströse Haushaltslage beschrieben:
- Hoffen und Bangen
- Systemkritik üben und Ursachenforschung betreiben
- Frustration
Ihre Erkenntnis war damals: Frustration hat in Spenge keinen Platz!
Die Folge war ein – von uns mitgetragenes – Umschwenken in der Haushaltspolitik und die Einleitung von Konsolidierungsmaßnahmen.
Heute – nach 3 Jahren – sehen wir erste Erfolge:
Erstmals nach vielen Jahren hat unsere Kämmerin einen Haushaltsentwurf präsentiert, der mit einem positiven Jahresergebnis abschließt!
Das war vor 3 Jahren noch unvorstellbar, stattdessen beklagten wir in jedem Jahr rund € 2 – 3.000.000 Verlust – jedes Jahr ein Ansteigen der Liquiditätskredite – also der Überziehung des Bankkontos – auf mittlerweile weit über € 20.000.000!
Natürlich wird mancher Skeptiker sagen, wir leben in einer Phase der Hochkonjunktur, Steuereinnahmen sprudeln von einem Rekordergebnis zum Nächsten … nichtsdestotrotz haben Einsparungen und Einnahmeerhöhungen durch die Grundsteuer unserem Haushalt endlich Luft verschafft und dieses Ergebnis erst möglich gemacht!
Dieser Weg ist allerdings lange noch nicht abgeschlossen.
Damit komme ich auch – wie in jedem Jahr – zur Systemkritik.
Die Finanzpolitik in Nordrhein-Westfalen ist für kleine, ländliche Kommunen wie Spenge zutiefst ungerecht und nachteilig. Egal welche Partei die Landesregierung stellt! Gerade beim Blick über die Ländergrenzen muss man sich fragen, warum es in anderen Bundesländern möglich ist, dass die Kommunen mit ausreichend Finanzmitteln versorgt werden, in NRW aber nicht?
Die Gewerbesteuer werden wir in Spenge aufgrund unserer Randlage und infrastrukturellen Schwäche zwischen, aber eben nicht an den Autobahnen, nicht grundlegend verändern können. Selbst wenn wir alle Flächen, die im Flächennutzungsplan für Gewerbe vorgesehen sind, realisieren könnten, wäre das nicht anders.
Die Verteilungsmasse der Schlüsselzuweisungen wird in jedem Jahr größer, nur unser Anteil bleibt unverändert niedrig.
Stattdessen werden immer weiter Aufgaben auf Bundes- und Landesebene angeschoben nur bleiben die langfristigen Kosten für den Betrieb auf der kommunalen Ebene und führen dazu, dass mittlerweile fast 55% des Haushalts für Transferaufwendungen ausgegeben werden. Diese Aufwendungen so sinnvoll und wünschenswert sie vielfach sind, können wir in keiner Weise beeinflussen!
Gestaltungsspielraum für Kommunalpolitik bleibt so wenig – das einzige, was uns bleibt ist „Förderungsoptimierte Politik“ zu betreiben und zu schauen, wo es Fördertöpfe gibt, die für die Entwicklung in Spenge angezapft werden können.
Hier sind Bundes- und Landespolitik gefordert für alle Kommunen ein gerechtes Finanzsystem zu entwickeln! Gerade hier muss man von der neuen NRW-Landesregierung mehr erwarten, um das in der Verfassung festgeschriebene Recht der kommunalen Selbstverwaltung auch wieder leben zu können!
Die großen Fragezeichen im Haushalt sind einerseits die Zinsentwicklung und zum anderen die Frage der Finanzierung der Kosten der Flüchtlinge.
Bei den riesigen Liquiditätskrediten würde 1% Zinssteigerung schon ein gewaltiges Loch reißen. Anerkannte Flüchtlinge belasten vielfach die Sozialkassen. Bei abgelehnten, aber geduldeten Flüchtlingen verweigert derzeit der Bund eine Kostenübernahme. Das Risiko verbleibt langfristig bei der Kommune – sobald sich die positiven Wirtschaftsdaten und Steuereinnahmen verändern, sehe ich hier ein gewaltiges „kommunales Förderprogramm für Rechtsradikale und Fremdenfeindliche“ auf uns zurollen.
Aber genug der eingangs erwähnten Frustration:
Mit der Entscheidung zur Haushaltskonsolidierung von 2015 haben wir uns auf den Weg gemacht, die Handlungsfähigkeit vor Ort zu erhalten und sie langfristig auch wieder zu vergrößern.
Dieser Weg war 2015 richtig und ist es auch heute noch.
Leider können wir nicht auf Unterstützung aus Düsseldorf hoffen, denn NRW scheint für viele Entscheidungsträger dort irgendwo im Ruhrgebiet aufzuhören. Ostwestfalen besteht allerdings nicht nur aus Wald und Senne. Wir sind eine wirtschaftlich starke und vor allem eine lebenswerte Region, die es verdient in Düsseldorf auch entsprechend wahrgenommen und finanziert zu werden!
Dank Fördermittelunterstützung konnten wir in Spenge einige Projekte realisieren, die den Lebenswert unserer Stadt erhalten und vergrößern.
Die mit Bundesmitteln geförderte Modernisierung der Charlottenburg wird in diesem Jahr fertiggestellt. Jetzt ist der Kreis Herford als Betreiber der offenen Jugendarbeit gefordert, die Möglichkeiten zu nutzen und das Gebäude mit Leben zu füllen und den jungen Menschen in unserer Stadt Anlaufpunkte zu geben. Hier sind sicher noch viele Gespräche zu führen. Die Beratungen im Schul-, Jugend- und Sportausschuss in dieser Woche haben gezeigt, dass unsere Ideen, was offene Jugendarbeit in Spenge leisten soll und die Vorstellungen des Kreis noch weit voneinander entfernt liegen. Das ist erfreulicherweise parteiübergreifend einheitlich.
Aus Mitteln des Programm „Gute Schule 2020“ wird die Digitalisierung der Gesamtschule abgeschlossen, und so ein ganz wichtiger Standortfaktor für unsere bald einzige weiterführende Schule geschaffen.
Wir sind dann aufgerufen, in diesem Jahr in die Beratung zu gehen, wie die Mittel an den Grundschulen eingesetzt werden können.
An der Grundschule Spenge-Land in Lenzinghausen werden wir die OGS ausbauen. Dies ist ein richtiger Schritt, um die notwendigen Betreuungsangebote für Familien zu geben.
An der Grundschule Spenge-Hücker Aschen beginnt der Ausbau des Gebäudes – sowohl im Bereich der Unterrichtsräume, Toiletten und Infrastruktur, als auch weiterer Räume für die OGS – So wird auch hier die Zukunftsfähigkeit des Standorts gewährleistet.
An der Grundschule in Bardüttingdorf kann nun schon in diesem Jahr unser Antrag aus den vergangenen Haushaltsberatungen realisiert werden und der Parkplatz erneuert und befestigt werden. Auch dies ist ein, wenn auch nur kleiner, Schritt für die Zukunft dieses Standorts – und vor allem nach über 10 Jahren nach der ersten Beratung auch mehr als überfällig.
Den Baufortschritt an der Feuerwache in der Eschstraße in Spenge kann man derzeit beinahe täglich sehen. Im Sommer werden wir dort – nach vielen Jahren der Planung und Überlegung – einen modernen und zukunftsfähigen Einsatzpunkt für unsere Feuerwehr geschaffen haben.
Für den Einstieg in den behindertengerechten Ausbau der Bushaltestellen haben wir nach intensiven Diskussionen über die ganze Stadt verteilt Haltepunkte ausgewählt. Nicht zuletzt aufgrund unserer Anregung wird nun auch die Haltestelle Am Bahnhof modernisiert. Gerade diese Haltestelle ist eine der am meisten frequentierten in der ganzen Stadt. Auch dieses Projekt wird ermöglicht durch eine 90% -Förderung des Landes.
Wie in den vergangenen Jahren hat das Gebäudemanagement einen Plan für die jährliche Unterhaltung der Gebäude gemacht. Hier wird kontinuierlich auf den Zustand unserer Gebäude geachtet und auch Substanzerhalt betrieben. Viele kleinere Maßnahmen können so erledigt werden, aber auch das große Projekt der Sanierung der 2-Fach Sporthalle wird bald abgeschlossen.
Zusammenfassend ist hervorzuheben:
Es bewegt sich an vielen Stellen etwas in Spenge. Sicher wäre mehr immer wünschenswert. Vor allem würden wir uns mehr wirtschaftliche Entwicklung, mehr Arbeitsplätze, mehr Handel, weniger Leerstand in der Innenstadt wünschen.
In der gerade veröffentlichten IHK Standortumfrage bewerten die 53 teilnehmenden Unternehmen Spenge schlechter als im Durchschnitt für den ganzen Kreis Herford. Hier sind wir sicher weiterhin alle aufgefordert, das Gespräch zu suchen und miteinander zu überlegen, wo man von Seiten Rat und Verwaltung Unterstützung für Unternehmen bieten kann. Allerdings muss man auch realistisch bleiben, denn gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen und strukturelle Probleme vor allem im Handel gehen auch an Spenge nicht spurlos vorüber. Geschäftsmodelle der 70- und 80er Jahre sind heute nicht mehr wettbewerbsfähig und werden daher vom Markt verschwinden. Man muss sich natürlich Gedanken machen, wie wir planerisch mit solchen Gebäuden wie im Lönsweg umgehen können – auch mit der schwierigen Situation der sehr heterogenen Eigentümergemeinschaft. Eine blühende Einkaufsstraße wird es dort nicht mehr geben.
Sehr viel bewegt sich im Bereich Bildung und Betreuung.
In diesem Sommer wird an der Schulstraße eine neue Kita entstehen.
Wie bereits erwähnt: Die OGS in Lenzinghausen wird ausgebaut, die Digitalisierung der Gesamtschule abgeschlossen, im kommenden Jahr wird die Grundschule Spenge-Hücker-Aschen modernisiert und erweitert und auch hier neue Räume für die OGS entstehen. Das ist der richtige Weg, um unsere Schullandschaft zukunftsfest zu machen.
Mit sehr viel ehrenamtlichem Engagement, vielen Spenden, Zuschüssen und Unterstützung unterschiedlicher Stiftungen ist das Werburg-Museum jetzt erfolgreich tätig und diese Erfolgsgeschichte setzt sich fort. Der Werburg-Verein plant die museale Ertüchtigung der Scheune, um weitere Möglichkeiten für seine Arbeit und Ausstellungen zu haben. Hier wollen wir auch weiterhin den eingeschlagenen Weg der moderaten Unterstützung durch die Stadt weitergehen.
Die Finanzplanung für die kommenden Jahre sieht vor, dass wir ab 2021 einen „auskömmlichen Betriebskostenzuschuss“ – wie die Kämmerin in ihrem Bericht schreibt – an den WBS zahlen können, so dass auch dort die Konsolidierung eingeleitet werden kann.
Diesen Gesamtweg wollen wir weiter verfolgen und werden daher den Haushalt in seiner vorgeschlagenen Fassung unterstützen.