27.06.2024
Pressemitteilung
In der Hauptausschusssitzung am 28.11.2024 haben sich die Mitglieder mit der Umsetzung der Grundsteuerreform und dem neuen Hebesatz in der Stadt Spenge ab dem 01.01.2025 befasst.
Unser Fraktionsvorsitzender Ralf Kinnius beschreibt in seiner Stellungnahme die Position der UWG Spenge:
„Von Anfang an und in allen Aspekten ist das Verfahren der Grundsteuerreform vermurkst.
Das Urteil des BVG von 2018 bemängelte eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und forderte eine Neubewertung der Grundstücke und eine stärkere Abbildung von Wertveränderungen.
2019 schaffte der Bund dann die gesetzliche Grundlage unter Federführung des damaligen Finanzministers und heutigen Bundeskanzlers. Es wurde eine Öffnungsklausel für die Bundesländer beschlossen und die Aussage „Aufkommensneutral“ wurde geboren.
NRW entschied sich dann für das mit Risiken behaftete Bundesmodell – dies wurde von Anfang an von Experten festgestellt.
Die Erhebung der Daten verlief kompliziert, bürokratisch, chaotisch und nicht nachvollziehbar.
Eigentümer wurde gezwungen Daten – die größtenteils bei Behörden und Verwaltungen bereits vorlagen – zusammenzutragen und in einem hochkomplexen Onlineportal einzugeben. Nicht wenige sind daran verzweifelt.
Das Ergebnis dieses chaotischen, hochbürokratischen und viel zu teuren Prozesses sind neue Messbeträge, die bei den Empfängern oft zu Verwunderung führen – aber eigentlich dem politischen Willen der Bundesregierung von 2019 entsprechen, dass Ein-und Zweifamilienhäuser in der Grundsteuer höher belastet werden.
Exemplarisch mal die Situation bei meinen Grundstücken:
Mein privat genutztes Wohnhaus in der Hermannstraße hat einen fast 30% höheren Messbetrag als früher, das direkt danebenliegende und gemischt – gewerblich und zu Wohnzwecken –genutzte Grundstück an der Langen Straße – mit dem ich also einen Ertrag erziele – wird um 45% niedriger bewertet. Eine kleine Eigentumswohnung in Bielefeld im Umfeld der Apfelstraße in einem ca 60 Jahre alten Gebäude mit 10 WE, wird auch um 33% niedriger eingestuft, obwohl der Bodenrichtwert sich in den letzten 15 Jahren sich fast verdoppelt hat.
Es sind natürlich Einzelfälle, subjektiv betrachtet … aber wo bleibt hier der geforderte Grundsatz der Gleichheit?
Diese Verwerfungen sind seit Jahren von vielen anerkannten Experten bemängelt worden.
Die Grundsteuer ist ein steuerpolitischer Anachronismus, in Europa weitgehend einzigartig und eine Besteuerung der Substanz – was es aus gutem Grund in unserem Steuersystem inzwischen fast nicht mehr gibt. – dies können wir beklagen, aber leider hier in Spenge nicht verändern.
Welche Lösung bietet sich jetzt für uns?
Das Land NRW hat nun tatsächlich reagiert und auch hier die schlechteste Lösung gewählt – auch das wird von vielen Experten so anerkannt.
Rechtlich unklar und fragwürdig soll nun jeder einzelnen Kommune ermöglicht werden, gesplittete Hebesätze zwischen Wohngrundstücken und gewerblich oder gemischt genutzten Grundstücken zu erheben. Die Diskussion um die Gleichbehandlung wird nun also 396 mal in NRW geführt. Immer vor dem Hintergrund der ohnehin bekannten Ungleichheit und Zufälligkeiten in der Grund- und Gewerbesteuersystem, die wir hier bereits oft thematisiert haben.
Das rechtliche Risiko wird auf die Kommunen verlegt und uns von der Landesregierung sogar noch als Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung verkauft.
Was für ein Irrsinn!
Bundes- und Landespolitik und auch wir hier vor Ort haben immer herausgestellt, dass die Grundsteuerreform aufkommensneutral umgesetzt werden soll. Dieses immer wieder öffentlich vorgetragenen Mantra hat sich in der Wahrnehmung der Menschen festgesetzt: Die Grundsteuer wird für mich nicht teurer. Und genau dies passiert eben nicht – es gibt, wie meine Beispiele zeigen, sowohl Gewinner als auch Verlierer der Neubewertung – auch wenn in Summe am Ende der gleiche Betrag rauskommt.
Die Gewichtung der Messbeträge in Spenge zeigt deutlich, dass Wohngebäude – 1- + 2-Familienhäuser – einen deutlich höheren Anteil am Grundsteueraufkommen tragen werden, als vor der Reform.
Die Vorlage der Verwaltung biete uns nun 3 Lösungsideen:
Modell 1 – der vom Land vorgeschlagene gesplittete Satz – 756 / 1333
Modell 2 – der Landesvorschlag ohne Differenzierung mit der ganzen Wucht der Belastungsverschiebung – 868
Modell 3 – das Ausgleichsmodell mit dem geringeren einheitlichen Grundsteuersatz bei einer Steigerung der Gewerbesteuer zum Teilausgleich der günstigeren Steuerbelastung für gewerblich genutzte Grundstücke und Erreichen der Aufkommensneutralität – 756 / Gewerbesteuer von 430 auf 460.
Die Bewertung dieser Vorschläge ist schwierig – gerade vor dem unklaren rechtlichen Hintergrund.
Die gesplitteten Sätze federn das Missverhältnis der Messbeträge zu Lasten des Wohnens wieder etwas ab. Kehrt also die 2019 politisch gewollte Verschiebung wieder um und gleicht die offensichtlichen Missstände im neuen Grundsteuerrecht aus. – dies wäre allerdings auch einfacher und rechtssicherer mit einem anderen Berechnungsverfahren möglich gewesen.
Es ist sicher, dass es Klagen gegen neue Grundsteuerbescheide geben wird. Wie diese entschieden werden, ist absolut unklar! – das zeigen zwei gegensätzliche Rechtsgutachten. Das rechtliche Risiko von unwirksamen Grundsteuerbescheiden ist dank der Landesgesetzgebung auf die Kommunen verlagert worden!
Sollte das Modell 1 oder auch nur einzelne Bescheide vom Gericht kassiert werden, bedeutet dies eventuell, dass die Grundsteuer für die betroffenen Kommunen komplett wegfällt, da dann keine Besteuerungsgrundlage vorliegt!
Dieses Risiko können wir in der finanziellen Situation auf keinen Fall eingehen. Gerade vor dem Hintergrund, dass wir uns vor wenigen Monaten im HSK aufgemacht haben, mit einem kaum realistischen Modell der Haushaltsfinanzierung über eine treppenförmige Steigerung der Grundsteuer ins Unermessliche
Die Hebesätze sind grundsätzlich in jedem Jahr veränderbar. Es ist zu hoffen, dass es bald eine rechtliche Klärung der Situation gibt und wir ein verlässliches, rechtssicheres Grundsteuerrecht haben. Dann werden wir die Diskussion um gesplittete und gerechtere Hebesätze erneut führen und sicher zu einem anderen Ergebnis kommen, als in der gegenwärtigen Unsicherheit.
Noch besser wäre es natürlich, wir hätten ein ausgewogenes und auskömmliches kommunales Finanzsystem!
Wir werden nun in dieser Situation das Modell des Ausgleichs über eine geringe Erhöhung der Gewerbesteuer mittragen. Auch dies ist nicht optimal, da die Gewerbesteuereinnahmen natürlich an die wirtschaftliche Entwicklung gekoppelt sind und es in einer Lage der Rezession eigentlich völlig falsch ist, Steuern zu erhöhen. Gewerblich genutzte Grundstücke werden aber erheblich durch die Art der Berechnung der neuen Grundsteuermessbeträge entlastet und somit ist dies u.E. verständlich und vertretbar.“