UWG Fraktion zum Haushalt der Stadt Spenge 2021 (Ratssitzung am Do, 29.04.2021)
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Herr Bürgermeister, liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,
es fällt schwer, in dieser Zeit eine Bewertung der Haushaltslage vorzunehmen. Viele Unsicherheiten bestimmen den Blick – niemand von uns weiß, wie lange und in welcher Form die Pandemie weiterverlaufen wird. Die Landesregierung hat relativ schnell im vergangenen Sommer das NKF-CIG -Corona-Isolierungsgesetz – auf den Weg gebracht. Entgegen kaufmännischer Grundsätze ist es jetzt möglich, alle im Zusammenhang mit der Pandemie stehenden Mindereinnahmen und Zusatzkosten auf einem Sonderkonto zu verbuchen und anschließend als außerordentlichen Ertrag wieder ins Jahresergebnis einfließen zu lassen. Der Effekt verursacht im Haushaltsplan ein positives Jahresergebnis. Im kaufmännischen Leben könnte man sowas auch als Bilanzbetrug bezeichnen, aber es ist gesetzlich so ermöglicht.
Nach heutiger Finanzplanung werden wir bis 2024 über €4 Mio. ausblenden, die dann über 50 Jahre quasi geräuschlos abgeschrieben werden sollen … Liquidität bekommen wir dadurch nicht einen € mehr… der bereits sehr hohe Liquiditätskredit wird weiter aufgebaut. Welch ein „Glück“ in diesem Zusammenhang, dass es derzeit kaum Zinskosten für Kontoüberziehungen bei den Kreditinstituten gibt. Es wäre ja nicht auszudenken, wenn wir in die Situation des Kreises kommen würden, der hohe Strafzinsen für Guthaben bei der kreiseigenen Sparkasse Herford zahlen muss. Stattdessen sehen wir beim Blick auf unseren Haushaltsplan das seit Jahren gewohnte Bild: Gesamtaufwendungen von rund €28.000.000 davon beträgt die Kreisumlage zusammengefasst rund €10,3 Mio. – das ist mehr als jeder dritte € und fast genauso viel wie Personalkosten und alle Sachaufwendungen und sonstigen Ausgaben zusammengefasst.
Bei den Einnahmen sind die Folgen der Pandemie noch nicht durchgeschlagen – die Gewerbesteuereinnahmen sind noch stabil – unsere wenigen Gewerbesteuerzahler scheinen sich als recht krisenfest zu zeigen. Die Gemeindeanteile an der Einkommens- und Umsatzsteuer sind auch noch weitgehend unbeeinflusst. Die Effekte von Lockdown und Kurzarbeit und der völlig unsinnigen Mehrwertsteuersenkung im vergangenen Jahr wird sich erst in der Zukunft bemerkbar machen. Deswegen kann es weiterhin nur heißen: Vorsicht in allen Planungen und Ausgaben – ohne das NKF-CIG weist die Planung für 2021 -€ 1.424.173, für 2022 -€ 1.815.309 auf.
Wenn man die Investitionen betrachtet, bleibt nicht viel … aufgrund der nicht erfolgten Förderung für die Sportanlage Holzwiese schieben wir diese Maßnahme mit ohnehin nur geringem Eigenanteil in die Zukunft. Die Modernisierung der Bushaltestellen bereits vor mehreren Jahren unter großem zeitlichem Druck durchgepeitscht, kommt wegen der lange verzögerten Freigabe der Förderung erst jetzt zur Umsetzung – die Zielstellung war einmal, dass 2022 alle Bushaltestellen behindertengerecht ausgebaut sein sollten. Das dies völlig unrealistisch war, stand allerdings auch 2017 fest.
Den größten Teil der Investitionsplanung nimmt die Feuerwehr ein. Die Erneuerung des Feuerwehrstandorts in Lenzinghausen steht mit ca. €1,6 Mio. für die nächsten 2 Jahre in der Planung. Hier ist die Notwendigkeit eines Neubaus klar, in welcher Form und zu welchem Preis muss unseres Erachtens allerdings noch überlegt werden – gerade auch mit Blick auf die ausgebliebene Förderung. Weiterhin planen wir 2022-2024 noch rund € 1 Mio. für neue Feuerwehrfahrzeuge. Und die Neuanschaffung der Drehleiter in Partnerschaft mit der Stadt Enger wird uns in den nächsten Jahren auch noch bevorstehen.
Mit dem gemeinsam mit der SPD vorgeschlagenen Haushaltsbegleitbeschluss fassen wir die Neugestaltung des Standorts in Hücker-Aschen an: die Löschgruppe hat sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt, hat eine sehr wichtige Funktion in unserer Feuerwehr und es ist richtig auch dort und genauso wie in Bardüttingdorf die Perspektiven für eine sichere und gute Feuerwehrarbeit für die Zukunft zu schaffen.
Die Funktionsfähigkeit und Ausstattung unserer freiwilligen Feuerwehren ist wichtig und wird auch politisch hoch bewertet, aber es gibt einen engen finanziellen Rahmen, in dem wir uns bewegen müssen.
Der Haushaltsplan, den Frau Jenniches vorgelegt hat, ist der Lage angemessen und getragen von Vorsicht und wir werden dem zustimmen.
Abschließend bleibt mir – wie in jedem Jahr – der Blick auf die kommunale Finanzpolitik des Landes NRW. Meine immer wieder betonte Grundaussage bleibt auch 2021 bestehen: Die Finanzausstattung der Kommunen über Gewerbesteuer ist ungerecht und von Zufällen in der Entwicklung von Unternehmen und der Lage an Autobahnen abhängig. Die Systematik der Schlüsselzuweisungen benachteiligt Kommunen wie Spenge seit langem – die Gesamtverteilungsmaße steigt in diesem Jahr um 8,7%, Wir erhalten aber nur 3,8% mehr als im Vorjahr. Eine gerechte Verteilung für alle Kommunen sieht anders aus. Da kann man natürlich sagen: So schlecht geht es uns nicht, weil die Schlüsselzuweisungen berücksichtigen die Finanzkraft der Kommune. Wir haben aber in 2015 mit der Nachhaltigkeitssatzung, Reduzierung der Ausgaben und der deutlichen Anhebung der Grundsteuer einen Konsoldierungsprozess gestartet, der uns vor der Überschuldung und dem Nothaushalt gerettet hat und unsere heutige finanzielle Lage erst ermöglicht.
Investitionen finden fast nur statt, wenn es dafür Förderprogramme gibt – wir werden es gleich am Thema Radwege sehen. Entscheidungen über Weiterentwicklung und Unterhaltung unserer kommunalen Infrastruktur können wir nicht vornehmen, weil dafür seit Jahrzehnten kein Geld zur Verfügung steht. Stattdessen hängen wir am Tropf der Landes- und Bundesförderung und müssen das umsetzen, was in Ministerien gewünscht wird.
Kommunale Selbstverwaltung vor Ort geht nach unserem Verständnis anders!
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Noch ein paar Anmerkungen zu den Anträgen der CDU:
Schon im Hauptausschuss habe ich nach der Stellungnahme von Lars Hartwig die Vermutung aufgestellt, dass die CDU eine unerschöpfliche Geldquelle aufgetan hat oder können sie vielleicht wie im grimmschen Märchen die Müllers Tochter mit Unterstützung Rumpelstilzchens Stroh zu Gold spinnen?
Zu 1: Feuerwehr
Die Einleitung und die Begründung können wir voll unterstützen. Nur frage ich mich, wo in der Finanzplanung für 2023 und 2024 zusätzlich fast € 2 Millionen herkommen sollen?! Vielleicht schafft die CDU-Landesregierung ein 100 % Rumpelstilzchen-Förderprogramm speziell für Spenge. Das Wecken von Hoffnungen, die nicht zu erfüllen sind, ist gerade vor dem Hintergrund zu erwartender Einnahmerückgänge einfach nicht seriös.
Zu 2: Wegeverbindungen
Grundsätzlich ist es überlegenswert, dort auch in den Folgejahren etwas Geld für weitere Verbesserung der Wege rund um die Werburg und die Mühlenburg zur Verfügung zu stellen. Hier ist es sinnvoll, dass im Fachausschuss nochmal zu besprechen. Aber auch hier fehlt ein Vorschlag, wie es finanziert werden soll. Es wird der Eindruck erweckt, dass man die Finanzplanung für die kommenden Jahre einfach unentwegt aufblähen kann.
Zu 3: Das Lieblingsthema „Schottergärten“
Im vergangenen Jahr haben wir die Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit dieses Beschlusses ausführlich und kontrovers diskutiert. Unsere Meinung dazu ist bekannt. Es ist für uns selbstverständlich, dass die Verwaltung darüber berichtet, wie dieses Projekt abläuft … und ob sich überhaupt Leute finden, die Schottergärten wieder umwandeln wollen. Dazu bedarf es keines zusätzlichen Beschlusses.
Zu 4: Verkauf ungenutzter Gebäude
Hier kann man sicherlich mal einen Blick drauf werfen und prüfen. Aber auch das ist nach unserer Ansicht kein Thema, das einen Haushaltsbeschluss benötigt. Hier wird es eventuell um ein oder zwei Objekte gehen. Aber dann wahrscheinlich nur um den Grundstückswert, die Gebäude sind weitgehend marode und müssten mit hohen Investitionen für den Wohnungsmarkt fit gemacht werden. Die Antragsbegründung vermittelt den Eindruck, dass wir hohe Unterhaltungskosten haben und hohe Gebäudewerte da in der Rücklage haben – dies ist eher unzutreffend.
Außerdem halten wir den Umkehrschluss, dass dort bezahlbarer Miet-Wohnraum entsteht, für unrealistisch. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen – wir denken hier auch an die beabsichtigten Doppelhäuser am Lerchenweg – werden dort im freien Markt vermutlich Einfamilienhäuser oder teure Miet- oder Eigentumswohnungen entstehen.